Kevin-Niklas Breu:
Proteste gegen die "California Death Camps"

ACT UPs Gefängnisabolitionskampagnen in Kalifornien 1990–1993

Übersicht des Beitrags

Ab Mitte der 1980er Jahre organisierten Anti-AIDS-AktivistInnen in Reaktion auf die zunehmend restriktive AIDS-Politik in den USA medienwirksame Proteste auf lokaler, bundesstaatlicher sowie nationaler Ebene. Neben der staatlich regulierten epidemiologischen Grundlagenforschung und Medikamentenzulassung sowie der Immigrations- und Sozialpolitik lenkten sie die öffentliche Aufmerksamkeit nicht zuletzt auch auf das Strafjustizsystem: Dieses offenbarte wie kaum ein anderer staatlicher Bereich die gravierenden gesundheitlichen und sozialen Folgen der Kriminalisierung und Segregation HIV-positiver Menschen – insbesondere für arme und sozial marginalisierte Gruppen, wie Drogenabhängige, psychisch Kranke, Schwule und Transpersonen.

Kevin-Niklas Breu untersucht anhand der Politisierung des Strafvollzugs den Wandel des Verhältnisses zwischen Staat und Zivilgesellschaft im Zuge der US-amerikanischen Anti-AIDS-Bewegung. Ausgangspunkt sind die Gefängnisabolitionskampagnen des Aktionsnetzwerks AIDS Coalition to Unleash Power, kurz ACT UP, im nördlichen Kalifornien zwischen 1991 und 1993. Aufgrund seines transnationalen Charakters und seiner Verbindungen zu anderen sozialen Bewegungen fungierte das Netzwerk als wichtige Kommunikationsschnittstelle zwischen lokalen Gruppen sowie als Diskussionsplattform für Staatskritik und soziale Gegenentwürfe.

Vor diesem Hintergrund werden zwei wesentliche Faktoren zur Protestmobilisierung und Stabilisierung der Anti-AIDS-Bewegung in den USA beleuchtet: zum einen die Bedeutung basisdemokratischer Organisationsprinzipien und Community-übergreifender Bündnispolitik, zum anderen die Kritik an der Verschränkung von Sozial- und Sicherheitspolitik. Damit leistet dieser Artikel einen wichtigen Beitrag zu einer kritischen Neubewertung der neuen sozialen Bewegungen nach 1968, die bisher einseitig als zunehmend entpolitisiert und im Verfall begriffen diskutiert worden sind.




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