Online-Bibliographie zur Homosexualität

www.erwin-in-het-panhuis.de/online-bibliographie-zur-homosexualität/

sorry, no cover

 

Rezension von Hans-Peter Weingand, Graz

Erschienen in Invertito 16 (2014)

Die rasant zunehmende Menge an online verfügbarer "historischer" Literatur über Anbieter wie Google Books oder Gutenberg ermöglicht es, über Volltextrecherchen in riesigen Datenmengen nach Texten zu suchen. Diese Zugangsmöglichkeiten begünstigen die Forschung in allen Bereichen, auch auf dem Gebiet der (Homo-)Sexualität. Selbstverständlich haben derartige Suchmaschinen auch ihre Tücken. Wenn eine Suche nach "Urning" auch Treffer mit "burning" auflistet und damit hunderte Textstellen liefert, bringt dies nicht viel. Umgekehrt mag es enttäuschend sein, wenn in einem Text unter dem Suchbegriff "Sodomie" keine längere Abhandlung, sondern nur ein Nebensatz zur Auslegung der Bibel zu finden ist.

Der Kölner Bibliothekar und Historiker Erwin In het Panhuis hat mit großem Fleiß eine Online-Bibliographie zur Homosexualität aufgebaut, die sich als sehr effektives Hilfsmittel und als Fundgrube bei der Suche nach Quellen erweist. Er hat einerseits geprüft, welche Einträge in gedruckten Bibliographien zur Homosexualität (so jene von Manfred Herzer aus dem Jahre 1982) online verfügbar sind (mit Vermerk bei erfolgloser Suche). Andererseits hat er bei Google Books mit mehr als hundert zeitgenössischen Stichwörtern (wie Sodomie, Päderastie) in unterschiedlichen Schreibweisen und Begriffskombinationen nach weiteren Veröffentlichungen gesucht. Das Ergebnis ist eine Link-Liste mit über 4.200 Buch- und Zeitschriftenbeiträgen zur männlichen und weiblichen Homosexualität, die im Internet im Volltext zu finden sind, geteilt in zwei Teile:1418 bis 1819 bzw. 1820 bis heute. .

Die Bibliographie von Erwin In het Panhuis ist so eine Sammlung kommentierter Suchergebnisse in chronologischer Ordnung, mit Originalzitaten, Links zu weiteren Publikationen und Autoren u.a.m. Das Ergebnis sind zwei große Textdateien, die neben den Links zu den online verfügbaren Publikationen auch weiterführende Informationen erhalten. In vielen Fällen sind Schlagwörter gesetzt und man wird fündig, wenn man in den beiden Textdateien z. B. nach der Zeichenkette "Schlagwort: lesbisch" oder "Schlagwort: Belletristik" sucht. Leider gibt es keine Liste der vergebenen Schlagwörter. Die Online-Bibliographie ist eben keine Datenbank, was bei gezielter Suche ein Nachteil ist. .

Viele Texte zu Publikationen sind mit "Lesetipp!" rot markiert und über diesen Begriff auch auffindbar. Dabei handelt es sich nicht nur um ausführliche Darstellungen, sondern auch um Literatur, die aus unterschiedlichen Gründen beachtenswert ist, etwa weil hier ein Begriff zum ersten Mal nachweisbar ist. Weitere Links wurden z.B. zu biographischen Informationen bei AutorInnen oder anderen genannten Personen gesetzt. .

Eine umfangreiche Einleitung behandelt auch die Probleme bei der Erstellung einer derartigen Bibliographie, so die Frage der Vollständigkeit, nicht erfasste Werke, Scan- oder Übertragungsfehler bei einem Neusatz von Texten usw. Die Online-Bibliographie enthält des Weiteren eine Liste mit wichtiger Sekundärliteratur, Bemerkungen zu den Anbietern digitaler Dienste sowie Links zu "weiterführende[n] Online-Beiträge[n] zur Homo-Geschichte" (darunter auch eine Liste von Online-Zeitschriften) bzw. "weiterführende[n] Adressen zur Homo-Geschichte". .

Was vorliegt, ist die bisher umfangreichste Übersicht über deutschsprachige Buch- und Zeitschriftenbeiträge zur männlichen und weiblichen Homosexualität in Sachliteratur und Belletristik bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Online verfügbar, gewartet und ergänzt, kommt der Aspekt der Aktualität und BenutzerInnenfreundlichkeit (weiterführende Links) hinzu. Um etwas gezielt zu finden, muss man allerdings wissen, wie man sucht. Erwin In het Panhuis hat mit seinen Textfiles allen Forschenden ein Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, das vielfältige Anstöße zu weiterführenden Untersuchungen geben kann, insbesondere zur noch immer stark vernachlässigten Frühen Neuzeit.




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