Ingeborg Boxhammer:
Lesbische Liebe und Kleptomanie. Presseberichte über Kölner Unterschlagungen 1930

Übersicht des Beitrags

Im letzten Drittel des Jahres 1930 berichten elf überwiegend regionale Tageszeitungen in zwei Phasen über die Veruntreuung einer hohen Geldsumme durch eine Kölner Buchhalterin, die damit für sich und ihre Freundin eine sichere Existenz schaffen wollte. Skandaltheoretisch betrachtet inszenierte die Presse als richtunggebende Erzählerin einen Skandal, der zwischen mediatisiertem und produziertem Medienskandal anzusiedeln ist. Sie (re)konstruierte neben der Unterschlagung die lesbische Lebensweise nach geschlechtsrollenkonformen Maßstäben und zielte damit auf eine moralisch-sittliche Verurteilung der beiden Frauen ab. Die Zeitungen skandalisierten die Buchhalterin als kriminal-pathologische Täterin und verknüpften "lesbische Liebe und Kleptomanie". Aufgrund ihrer Homosexualität wurde die Buchhalterin in einem krankhaften Abhängigkeitsverhältnis verortet, in dem sie sexualpathologisch dem schlechten Einfluss ihrer Freundin ausgeliefert war. Der Skandal gewährt einen dezidierten Einblick in den homophoben Umgang der Presse der Weimarer Republik mit lesbisch assoziierten Themen.




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